Marketing vs. IT-Vertrieb: Wo sind die heissen Leads?

15-Feb-2017
Oliver Wegner
Oliver Wegner

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Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Vertriebsadresse vom Marketing an den IT-Vertrieb und Verkauf weiterzuleiten? Wie sehen die optimalen Prozesse zwischen den beiden wichtigen Abteilungen aus, damit ein Lead zum erfolgreichen Verkaufsabschluss führt, ohne wertvolle Ressourcen Ihrer IT-Vertriebler zu verschwenden? In diesem Artikel schildere ich Beobachtungen im Umgang mit Leads und habe natürlich auch Antworten auf die aufgeworfenen Fragen für Sie.

Das Thema Leads und Leadqualifizierung ist aus unserer Sicht in den meisten IT-Unternehmen ein "Dauerbrenner". Und das ist vom Grundsatz auch gut so, denn der Weg zu Neukunden und interessanten Projekten führt nun mal über frische Leads ;-) Sicherlich ist auch bezeichnend, dass der Artikel "Nie mehr Kaltakquise" auf unserem Blog zu denen gehört, die bisher mit am meisten geklickt wurden. Scheinbar fühlen sich IT-Vertriebsverantwortliche und selbst Profi Vertriebler hier persönlich angesprochen. 

Beim Blick auf die Funktionen Marketing und Vertrieb im Unternehmen (und es macht Sinn, dass es beide gibt) fällt auf, dass diese häufig nicht gut miteinander synchronisiert sind. Neben dem, dass das Marketing für ausgezeichnete Außenauftritte auf Messen, einem schicken Corporate Design und einer einheitlichen Corporate Identity sorgt, sollte es gerade im Thema Leadgenerierung eine zentrale Rolle einnehmen. Für den eindeutigen Auftrag, mit einer klaren Vorstellung zu Anzahl Leads und Kriterien zu Wunsch-Ziel-Kunden, ist meines Erachtens der IT-Vertrieb verantwortlich - schließlich trägt er in der Regel auch die Quoten für Umsätze und Erträge. 

Wann ist ein Lead vertriebsqualifiziert?

Eine Diskussion, die wir häufig zwischen Marketing und Vertrieb mitbekommen, dreht sich um die Frage, wann vom Marketing generierte Leads eigentlich als "vertriebsqualifiziert" angesehen werden können. 

Sicherlich gibt es hier keine hundertprozentig richtige Antwort auf diese Frage, wenn man alle Situationen und Individualitäten hier berücksichtigen möchte. Grundsätzlich gib es zwei verschiedene Arten des Verkaufs. Zum einen den einfachen transaktionsbezogenen Verkauf. Er geht meist kurzfristig ohne lange Kaufprozesse und -entscheidungen von Statten. Interesssant ist, dass dieser gerade bei Business-Cloud-Anwendungen durchaus dazu führt, dass u.a. CRM-Systeme, Dokumentenmanagementlösungen, Projektmanagementsoftware auch einfach mal so von Fachabteilungen gekauft bzw. gebucht werden - meistens sogar ohne Rücksprache mit der internen IT-Abteilung. Dann gibt es den überlegten, unternehmensstrategischen Kauf, welcher einen längeren Zeitraum für die Entscheidungsprozesse in Anspruch ninmmt, mehrere Stakeholder (ein Buying Center) involviert und im Verlauf der Opportunity auch in der Entscheidung münden kann, dass gar nicht oder bei einem anderen Anbieter gekauft wird. Der zweite Fall ist natürlich härter für Sie, da er wertvolle Marktanteile kostet und nicht selten viel Arbeit im Selling Team vorausgegangen ist. 

Fünf Stufen der Lead Qualifizierung?

Aus diesem Grunde ist es meines Erachtens unabdingbar, Stufen für die Leadqualifizierung aufzusetzen und dafür intern ein klares Verständnis zu erreichen. In diesem Zusammenhang bin ich auf eine Umfrage von Sirius Decisions gestossen, die zunächst fünf ansteigende Stufen der Qualifikation eines Leads identifiziert haben. Anschließend ermittelte ein Team den Prozentsatz der Leads, der innerhalb einer Qualifizierungsstufe von den Befragten als qualifiziert angesehen wurde. "Qualifiziert" ist in diesem Fall so zu verstehen, dass ein Lead sinnvollerweise an einen Vertriebsmitarbeiter weitergeleitet werden kann. Wenn Sie sich gleich auch ein wenig über die Ergebnisse wundern, dann ist aus  meiner Sicht mit Ihnen persönlich alles in Ordnung. 

Das waren die fünf Stufen der Lead Qualifizierung und die Umfrageergebnisse in Prozent:

Stufe 1: Jeder Kontakt ein Lead

Bekannterweise fehlen uns in diesem Stadium der Qualifikation alle Informationen. Die Adresse ist demnach unqualifiziert. Das Marketing sieht jedoch in dieser Adresse „Kaufimpulse“, was meistens zu einer Diskussion zwischen Marketing und Vertrieb führt.

Das Erschütternde daran: Laut Umfrage werden 28% dieser Leads an den Vertrieb weitergegeben, in einem Stadium ohne jede Mindestanforderungen einer Qualifikation. Eine gute Methode, die wertvolle Zeit eines Vertriebsteams zu vergeuden.  

Stufe 2: Zielperson in einem geeigneten Unternehmen gesichtet

Jetzt sind wir schon etwas weiter. Um zu dieser Stufe zu gelangen, müssen wir zumindest die Position oder Rolle des Kontaktes im Unternehmen kennen und welchem Unternehmensteil der Kontakt angehört. Auch wenn der Kontakt uns das noch nicht verraten hat, über eine gezielte Recherche in den sozialen Netzwerken wie xing oder LinkedIN kann die Information schnell erhoben werden.

An diesem Punkt werden 25% der Leads laut Umfrage vom Marketing weitergegeben. Für die Beurteilung dieser Stufe ist es bereits notwendig, dass Marketing und Vertrieb Kriterien für den idealen Interessenten gemeinsam definiert haben.

Stufe 3: Wie oben plus Bedarfsermittlung

In dieser Qualifizierungsstufe wird festgestellt, dass der Kontakt aus einem definierten Zielunternehmen (das kann auch eine Branche oder Unternehmensgrösse sein - je nach Wunschkundenprofil) ist und an der richtigen Position sitzt. Jetzt wurde weitergehend ein genereller Bedarf ermittelt und festgestellt, dass die angebotenen Produkte, IT-Lösungen und IT-Services diesen Bedarf grundsätzlich decken können.

Wenn das Marketing bereits Mechanismen aus dem Inbound Marketing umgesetzt hat, kommen solche Kontakte initial auch über die Formulare der Unternehmenswebseiten oder Landingpages. In nahezu allen Fällen erfordern diese Adressen jedoch eine interaktive Kommunikation und manuelle Kontaktaufnahme, um konkrete Informationen über den Interessenten zu erhalten.

In diese mittelere Kategorie fallen laut Umfrage ebenfalls 25%, d.h. ein Viertel der befragten Unternehmen leiten Leads nach dieser Mini-Vorqualifizierung weiter. 

Stufe 4: Wie oben, jedoch wurden zusätzlich Anforderungen definiert

In diesem Stadium ist der Interessent bereits tief in der sogenannten Customer Journey eingetaucht. Er hat sich bereits selbst oder mit Unterstützung von Dritten (häufig unabhängige Berater für Prozesse und/oder Softwareauswahl) gezielt Gedanken über seinen Anforderungen gemacht.

Hier ist im ersten Kontakt auszuloten, wie der Einkaufsprozess des potentiellen Kunden grundsätzlich aussieht und welche Anforderungen für ihn eine hohe Relevanz haben. Erst wenn diese Informationen vorliegen, leiten 10% der Befragten einen Lead an den Vertrieb weiter. Das klingt aus Sicht des Vertriebs natürlich fast wie eine "gebratene Taube" auf dem Silbertabelett, wenngleich die Arbeit jetzt erst richtig anfängt, um als erstes die Führung im IT-Verkaufsprozess zurück zu erlangen. Bis jetzt läuft der potentielle Interessent in der Regel komplett nach seinem Fahrplan. 

Stufe 5: Wie oben, jedoch wurden zusätzlich die MAN-T Kriterien voll qualifiziert

Wenn Sie IT-Lösungsvertrieb bereits seit einigen Jahren machen, dann wissen Sie, dass die Abkürzung MAN-T für Mittel (Budget), Autorität und Notwendigkeit (Bedarf) sowie Timing (Zeitfenster) steht. Einige IT-Unternehmen sehen diese Methode als goldene Regel für die Lead Qualifikation.

Aber dennoch, Adressen vom IT-Vertrieb und Verkauf zurück zu halten, bis alle diese Kriterien abgehakt sind, ist nicht immer eine gute Idee. Und trotzdem werden die letzten 10% der Leads erst dann laut der Umfrage vom Marketing an den Vertrieb und Verkauf weitergegeben, wenn sie vollständig nach der MAN-T Methode qualifiziert sind. Die Identifizierung - gerade von A = Autorität - dreht sich um das komplette Thema des Buying Centers und kann erfahrungsgemäß erst sukzessive vom Direktvertrieb im Verkaufsprozess ermittelt werden. 

Lead-Management im IT-Lösungsvertrieb

Ob es nun fünf Stufen, wie von Sirius Decisions für die vorgenannte Umfrage erhoben oder vier oder mehr sind, spielt keine große Rolle. Entscheidend ist eine gute Arbeitsteilung und die Kommunikation von klaren Erwartungshaltungen zwischen dem Marketing und Vertrieb, wenn es um das Generieren von passenden Leads geht. 

Wer Leads zu früh, d.h. mit zu wenigen Hintergrundinformationen, als vertriebsqualifiziert einstuft, verschwendet wertvolle und zumeist sehr gut bezahlte Ressourcen. Als "Gegenentwurf" zu 5 Stufen haben wir einen 10-Punkte Qualifizierungsbogen aufgestellt, der Ihnen sofort weiterhelfen wird, ob er nun seinen Einsatz im Marketing (auch sehr gut für den Bereich Dialogmarketing geeignet) findet oder vom Vertriebler eingesetzt wird - er öffnet den Interessenten in einer führen Phase und hilft Ihnen auf der Basis der erhobenen Antworten Entscheidungen zu treffen. Bei Interesse können Sie den Bogen hier runterladen

Bildquelle: PublicDomainArchiv / pixabay.com

IT-Verkaufstraining, Kaltakquise, Lead-Qualifizierung