Warum namhafte Vertriebsmethoden im IT Vertrieb und Verkauf regelmäßig scheitern

03-Mär-2017
Oliver Wegner
Oliver Wegner

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Am Markt gibt es viele Anbieter von Vertriebs- und Verkaufsmethoden, die ein natürliches Interesse daran haben, dass ihre Praktiken und Vorgehensmodelle eine möglichst hohe Verbreitung erfahren. Und genau deshalb treffen wir in IT-Unternehmen regelmäßig Methoden wie Miller Heiman®, Target Account Selling®, Winning Complex SalesTM, Challenger SaleTM und viele weitere an.

In Gesprächen mit Vertriebsverantwortlichen bekomme ich zumeist folgende Aussage: "Wir haben uns vor einiger Zeit für diese Methode entschieden, sie mit viel Aufwand eingeführt, aber der Nutzungsgrad ist unbefriedigend". Aber warum ist das so?

Die Antwort darauf ist vielschichtig und auch entscheidend, wenn ich als Organisation einen Return-on-Invest für die getätigte Investition (zumeist hoch fünf- und zum Teil gut sechsstellig in Euro) erreichen möchte. An dieser Stelle möchte ich als Erstes betonen, dass ich grundsätzlich ein großer Fan von Methodiken und Prozessen bin. Sie zeigen zum einen, dass IT-Vertrieb sehr anspruchsvoll ist und gelernt werden kann und zum anderen geben sie dem Vertriebler ein wirkungsvolles Instrument zur Selbstführung

Neue Methoden brauchen Verhaltensänderung

Wenn ein Vertriebsmitarbeiter bisher über "seine Wege" gearbeitet hat, dann besteht bei der Einführung jeder neuen Methode die Notwendigkeit zur Verhaltensänderung. Bei einigen Vertrieblern sind es nur marginale Anpassungen und für andere definiert sich der Job gerade mal neu. Und das ist auch richtig, denn die meisten haben IT-Vertrieb durch eigene Erfahrung (der "persönlichste" Weg zur Weiterentwicklung und auch sehr zeitintensiv) oder über Vorbilder (geht schneller, wenn die Vorbilder gut sind) und selten über eine gezielte Kompetenzentwicklung gelernt. Da sich die Märkte und damit die Kundenanforderungen in den letzten 3-5 Jahren ganz stark verändert haben, haben die meisten Vertriebsabteilungen hier einen großen Nachholbedarf, um zukunftsfähig zu bleiben. 

Die bekannten Methoden (in der Einführung ist ja eine Auswahl genannt) sind vom Grundsatz sehr gut - also, zumindest die Idee dahinter. Fast alle befassen sich damit, mit wem in einem Verkaufsprozess gesprochen werden muss, welche Antworten benötigt werden, wer der ideale Kunde ist, welche Fallstricke es im buying center geben kann und wie die nächsten Schritte (mein Action Plan) aussehen sollten. 

Vor einigen Jahren haben wir mit unserem internen Kompetenzteam alle Methoden auf den Tisch gelegt und zwei Tage intensiv diskutiert, um Unterschiede zu finden und eben der Frage in Bezug auf den Nutzungsgrad nachzugehen. Dabei kommen wir zu folgendem Ergebnis: es liegt fast NIE an der Methode, wenn sie nicht eingesetzt wird.

Kennen oder Können?

Wenn wir in IT und B2B-Unternehmen Vertriebler danach fragen, ob sie intern im Vertrieb eine Methode haben, dann sagen viele "Ja, das ist bei uns Methode xxx [PAUSE...], aber die verwendet kaum einer, weil..." Und im weil liegt die entscheidende Antwort! 

Methoden werden nicht eingesetzt, weil...

1. sie häufig in 2-3 Tagen "am Stück" vermittelt wurden und der Vertriebsmitarbeiter sofort wieder durch sein Tagesgeschäft eingeholt wird und nicht in die Umsetzung kommt

2. die Methoden nicht zum eingesetzten CRM-System passen, d.h. hier andere Logiken abgefragt werden

3. Verkäufer nicht wissen, wie sie die benötigen Informationen zur Einschätzung der eigenen Position im Wettbewerb oder des buying centes erhalten sollen 

4. Vertrieblern zum Teil der Mut fehlt, mit TOP-Entscheidern auf Kundenseite zu sprechen, um die notwendige Führung im Prozess zu übernehmen

5. es keine individuelle Begleitung, kein "Coaching on the job" gibt, um das eigene Verhalten im Kontext von Echtfällen Schritt für Schritt zu hinterfragen und anzupassen

Als wir diese Punkte herausgearbeitet hatten, wurde uns schnell klar, dass es in der Regel neben der Methode auch nicht perse an den Menschen im Vertrieb und Verkauf liegt, sondern an der Art und Weise, wie ein Methodeneinführungsprojekt aufgesetzt ist. 

Druck erfordert häufig schnelle Lösungen

Wann ist eigentlich der richtige Zeitpunkt zur Einführung von neuen Methoden? Die einen sagen NIE und die anderen sagen IMMER. Entscheidend ist - wie bei Ihren Kunden - ein "compelling event". Dieser kann daher rühren, dass Ihr Vertriebsteam in der jüngsten Vergangenheit überdurchschnittlich viele Aufträge gegen Wettbewerber verloren hat oder der Vertrieb offensichtlich nicht produktiv genug arbeitet. Das Zweite drückt sich dadurch aus, dass ein Vertriebsmitarbeiter auf den falschen Verkaufschancen, also denen, wo es kein reales Projekt gibt oder das Prinzip Hoffnung ihn davon abhält, eine Verkaufschance endlich loszulassen, arbeitet. Durch ein gutes methodisches Vorgehen können die Ursachen und Lösungen für diese Fragestellungen schnell gefunden werden. Allerdings ist die Einführung einer neuen Methode aus unserer Erfahrung keine schnelle Lösung. 

Die Einführung einer Vertriebs- und Verkaufsmethode dauert in der Regel 6-9 Monate. Um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten, muss sie dabei auch fest in der Vertriebsführung verankert werden, damit sie permanent - auch gerade in Forecastgesprächen - präsent ist. 

Falls aktuell ein großer Umsatzdruck besteht und schnell gehandelt werden muss, empfehlen wir ein Sales Pipeline Review, in dem die aktuellen Verkaufschancen - in der Regel in einem Workshoptag - auf Basis von Erfahrung und einer Systematik bewertet werden, um daraus zügig die richtigen Aktionen, also die nächsten Schritte, abzuleiten. Bei Bedarf sprechen Sie uns darauf gerne an. 

Bildquelle: PublicDomainArchiv / pixabay.com

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